Vollwertkost

Zahlreiche Studien und Untersuchung legen nahe, dass eine Ernährung, die im Wesentlichen aus vollwertigen Pflanzen besteht die natürlichste und gesündeste Ernährungsform für den Menschen ist.

In diesem Beitrag zeige ich dir, wo die Vollwertkost herkommt, warum sie ideal den körperlichen Bedarf an Makro- und Mikronährstoffen deckt und wie die Umstellung gelingt.

Grundsätze der Vollwertkost

Vollwertig bedeutet, immer die ganzen Lebensmittel zu verwenden anstatt nur Auszüge davon. Also statt Apfelsaft den ganzen Apfel, statt Sonnenblumenöl ganze Sonnenblumenkerne und anstatt Weißmehl Vollkornmehl usw. Je naturbelassener, desto besser. Eine Ernährung, die vollwertig und abwechslungsreich ist, liefert dir alle lebenswichtigen Stoffe um gesund zu bleiben und fit zu werden. Denn du erhälst alle von der Natur mitgegebenen Stoffe, die du für einen funktionierenden Stoffwechsel und gesunden Körper brauchst. Das Credo heißt also:

Lasset eure Nahrung so natürlich wie möglich.

Werner Kollath

NICHT vollwertig sind damit alle industriell stark verarbeiteten und raffinierten Nahrungsmittel wie:

  • Auszugsmehl (Weißmehl, Graumehl), die fast ausschließlich aus Stärke ohne Mineralien und Vitamine bestehen
  • Industriezucker (weißer Zucker, brauner Zucker, sogenannter Vollrohrzucker, Ahornsirup, Agavendicksaft usw.)
  • Industriefette (z.B. Margarine, Frittiertes)

Vollwertige Lebensmittel sind also frisches Gemüse und Obst, Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte, naturbelassene (am besten ganze) Fettquellen und zum Süßen kann man beispielsweise Honig oder Trockenfrüchte (z.B. Datteln) verwenden.

Die 4 Ja’s und die 4 Nein’s der Vollwertkost

Dem Mitbegründer der Vollwertkost Dr. med. Max Otto Bruker war es ein Anliegen, das Verständnis für eine gesunde Ernährung so einfach wie möglich zu machen. Dazu hat er die “4 Ja’s und 4 Nein’s der Vollwertkost” entwickelt, die als einfacher Leitfaden im Alltag dienen.

Das solltest du täglich essen:

  • Vollkornprodukte, z.B. Vollkornbrot, Vollkornnudeln, ungeschälter Reis
  • Frisches Getreide, z.B. als Frischkornbrei / Frischkorngericht
  • frisches Gemüse & Obst (z.B. Salate aus rohen Gemüse und rohem Obst, der Gemüseanteil sollte höher liegen als der Obstanteil)
  • Naturbelassene Fette (z.B. ganze Nüsse & Saaten, kaltgepresste Öle, Butter & Sahne)

Zu meiden sind:

  • Alle Industriezuckerarten (weißer Zucker, brauner Zucker, Apfeldicksaft, Birnendicksaft, Ahornsirup, Agavensirup, Kokosblütenzucker, Melasse,Fruchtzucker, Traubenzucker, Milchzucker, Malzzucker, sog. Vollrohrzucker, Sucanat, Ur-Süße, Ur-Zucker, Rapadura, Sirup, Frutilose, Maltodextrin u.v.m.) und damit gesüßte Nahrungsmittel
  • Auszugsmehle und Produkte daraus
  • Industriefette (z.B. Margarine, gewöhnliche Bratfette, raffinierte Öle)
  • Säfte (ein Rohsäftefasten ist etwas anderes), gekochtes Obst, Trockenfrüchte. Dieser letzte Punkt gilt besonders für Leber-, Galle-, Magen-, Darmempfindliche

Je stärker du an der Erhaltung oder Wiederherstellung deiner Gesundheit interessiert bist, umso intensiver solltest du diese Empfehlungen beachten.

pflanzenbasiert vs vegan – wo ist der Unterschied?

Vor allem im englisch-sprachigen Bereich bzw. von Ärzten wird von „plant-based diet“ oder auch „whole foods plant-based diet“ (also pflanzenbasierte Vollwerternärhung) gesprochen. Ist das das gleiche wie Vegan? Meistens ja, für die Verwendung des Begriffs „pflanzenbasiert“ anstatt „vegan“ gibt es mehrere mögliche Gründe:

  • Abgrenzung von ethischen Diskussionen, die mit vegan im Zusammenhang stehen, z.B. Zoos, Tierversuche, Kleidung mit tierischen Rohstoffen
  • Fokus auf gesunde Ernährung, die aus vollwertigen Pflanzen und nicht veganem Junkfood besteht
  • pflanzenbasiert wird manchmal auch so ausgelegt, dass die „Basis“ aus vollwertigen Pflanzen besteht und in kleinen (!) Mengen tierische Lebensmittel okay bzw. sogar gesundheitsförderlich sind. Dazu zählen beispielsweise Knochenbrühe, Gelatine (beides gut für die Kollagenbildung, also straffer Haut) und tierisches Eiweiß am besten in roher Form für die Versorgung mit der nicht-essenziellen Aminosäure Taurin, die beispielsweise in der Schwangerschaft vermehrt benötigt wird.

„Pflanzenbasiert“ bedeutet also seine Ernährung hauptsächlich aus vollwertigen Pflanzen zusammenzustellen. Das hat Folgende Vorteile:

  • Geistige Klarheit und hohe Leistungsfähigkeit: Gemüse, Obst, Vollkorn & Hülsenfrüchte enthalten etwa 80-90% gesunde Kohlenhydrate. Dies ist die am einfachsten aufzunehmende Energiequelle. Außerdem sind pflanzliche Lebensmittel von Natur aus reich an gesunden ungesättigten Fettsäuren
  • Normalgewicht erreichen und halten: Pflanzen, insbesondere Gemüse und Obst, enthalten viel Wasser und helfen dir nicht zu viel Energie auf einmal aufzunehmen
  • optimale Versorgung auch für Sportler: Pflanzen liefern dir ausreichend Eiweiß (Erläuterung weiter unten)
  • Optimale Verdauung und Sättigung: Die Balaststoffe sind verdauungsfördernd und sorgen für lang anhaltende Sättigung. Besonders der Verzicht auf Industriezucker hilft, die Darmflora im Gleichgewicht zu halten, also dass sich nur die nützlichen Darmbakterien breit machen.
  • Reine Haut: Deine Haut ist das größte Entgiftungsorgan deines Körpers. Eine vollwertige, pflanzenbasierte Ernährung ist für deinen Körper die am wenigsten belastende Ernährungsform.

In den sogenannten Blue Zones (Regionen in denen Menschen besonders alt werden) besteht die Ernährung immer hauptsächlich aus vollwertigen Pflanzen und die Menschen leben ein mäßiges Leben in guter Gesellschaft.

Es stimmt zwar, dass die oft zitierten Okinawas in Japan beispielsweise Fisch essen, aber durchschnittlich nur etwa 100 Gramm pro Woche und ganz selten etwas Ei.

Von komplett veganen (Natur)Völkern habe ich noch nicht gehört, aber alle besonders langlebigen Regionen haben gemeinsam, dass sich die Menschen dort zu 99% aus vollwertigen Pflanzen ernähren und ab und zu etwas Tierisches in kleinen (!) Mengen und ansonsten ein ausgeglichenes Leben führen.

Die Rolle von Getreide in einer gesunden Ernährung

Etwa 85% vom Brot-Angebot eines durchschnittlichen Supermarkts ist aus Auszugsmehl (Weißmehl& Graumehl), welches kaum noch Nährstoffe enthält. Bilden Brot & andere Getreideerzeugnisse aus Auszugsmehl nun die Basis der Ernährung, dann droht auf lange Sicht ein Mangel an bestimmten Vitalstoffen.

Farbe und Struktur vom Brot sagen nichts über die Qualität aus. Häufig wird Weißmehl mit Malzzucker dunkler gefärbt, damit es nach Vollkorn aussieht.

Bis zum 19. Jahrhundert war es ganz normal, dass Mehl und Getreideerzeugnisse immer aus dem ganzen Getreidekorn hergestellt wurde. Durch die rasante Entwicklung von Großstädten, kam es aber zu ernsthaften Versorgungsproblemen mit diesem „Frischmehl“. Denn das frische Mehl (aus dem ganzen Korn) ist nur einige Wochen haltbar bis es dann ranzig und ungenießbar wird. Grund dafür ist der ölhaltige Keim (Bestandteil vom Getreidekorn), der durch den Mahlprozess aufgeschlossen wird und somit das Öl zu oxidieren beginnt.

Es musste also ein Mehl her, dass lagerfähig ist, um den wirtschaftlichen und organisatorischen Anforderungen in einer Großstadt gerecht zu werden. Und genau das hat man erreicht. Die Lösung des Problems war es den Getreidekeim vor dem eigentlichen Mahlprozess zu entfernen.

Egal ob Vollkornmehl oder Weißmehl – fertiges Mehl wird als „Auszugsmehl“ bezeichnet, weil es um die wertvollsten Bestandteile (jene im Getreidekeim) verarmt und somit für den Organismus wertlos geworden ist. Fertiges Vollkornmehl enthält aber im Gegensatz zu Weiß- und Graumehl wenigstens noch die Randschichten des ursprünglichen Getreidekorns und damit noch etwas Nährstoffe.

Das entscheidende Qualitätskriterium für Getreideerzeugnisse ist es, dass das ganze Korn (also mit dem Keim) frisch vermahlen und unmittelbar (bevor das Mehl ranzig werden würde) weiterverarbeitet wird.

Solche Hersteller sind eher selten und nicht ganz einfach zu finden. Wie oben beschrieben, stellen viele Hersteller ihre Produkte aus Lagermehlen- und Schrot her anstatt das Getreide selbst zu mahlen und frisch zu verarbeiten.

Mit folgenden Küchengeräten kannst du dein Getreide selbst frisch verarbeiten und so von der vollen Kraft des Korns profitieren:

  • Getreidemühle: Stelle selbst frisches Mehl und Schrot her und verarbeite es weiter zu Brot, Gebäck usw.
  • Flockenquetsche: Getreideflocken aus dem Supermarkt sind wärmebehandelt, damit sie lange haltbar sind. Selbst geflocktes Getreide hat Rohkost-Qualität und damit noch lebendige Enzyme und die Nährstoffe bleiben weitestgehend erhalten. Folgendes Video zeigt den Unterschied zwischen gekauften und selbst gemachten Haferflocken sehr eindrücklich. 
  • Sprossenglas: Wenn du aus Getreide Sprossen herstellst, werden die wertvollen Inhaltsstoffe sogar noch vervielfacht.

Hinweis: Auch wenn es deutlich gesünder ist, das Getreide selbst frisch zu verarbeiten, empfehle ich dir Getreide immer durch genug Frischkost auszugleichen, um eine Übersäuerung zu vermeiden. Außerdem sind Ursorten wie Dinkel, Kamut, Emmer & Co dem modernen Hochleistungsweizen vorzuziehen.

Liefert eine vollwertige, pflanzenbasierte Ernährung genügend Eiweiß?

Braucht der Mensch Eiweiß von Tierprodukten, um seinen Eiweißbedarf zu decken? Nach heutigen Stand der Wissenschaft ist dies klar zu verneinen. Häufig wird ja argumentiert, dass pflanzliches Eiweiß nicht vollständig sei im Vergleich zu tierischem. Verzehrt man aber verschiedene pflanzliche Nahrungsmittel, so ergänzen sich die einzelnen Aminosäuren zu einem ausgeglichenem Profil. Beispielsweise enthält Getreide sehr wenig Lysin. Dafür kommt dieses in Hülsenfrüchten und Gemüse umso mehr vor.

Auch die Gesamt-Bedarfsmenge an Eiweiß lässt sich mit pflanzlichen Eiweiß problemlos decken. Hierzu ist der Vergleich mit der Muttermilch hilfreich. Diese hat einen Eiweißanteil von 2 bis 2,5% Eiweiß und ermöglicht es dem Säugling sein Gewicht im ersten Lebensjahr zu verdoppeln. Im Vergleich zum Säugling befindet sich der Erwachsene befindet sich nicht mehr im Aufbau sondern hier geht es eher um einen Erhaltungsstoffwechsel. Der Eiweißanteil von pflanzlichen Nahrungsmitteln liegt dabei meist höher als die 2 bis 2,5% Eiweiß der Muttermilch. Sie enthalten also sogar noch eine Art „Sicherheitszuschlag“. Darüber hinaus ist Eiweiß, welches nicht über 42°C erhitzt worden ist (=Rohkost), deutlich besser aufnehmbar.

Wichtig für die Deckung des Eiweißbedarfs ist also nur, dass vollwertige, pflanzliche Nahrungsmittel in ausreichender Menge und zum Teil in Rohform verzehrt werden 

Gesunde Fette

Fette sind gesund wenn sie naturbelassen sind. Gesunde Fettquellen sind Nüsse, Samen, kaltgepresste Öle, Butter und Sahne.

Und da sind wir auch schon beim ersten Fett-Mythos: „Margarine ist gesünder als Butter!“. Um Margarine streichfest zu machen, muss die chemische Struktur der Pflanzenöle völlig verändert werden, die bei Zimmertemperatur normalerweise flüssig sind. Bei diesem Verarbeitungsprozess gehen sämtliche Inhaltsstoffe verloren und gehärtete Fette entstehen, die der Körper nicht verarbeiten kann. Margarine wird als gesunder Butter-Ersatz vermarktet. In Wahrheit ist es aber ein wertloses Fett-Isolat.

Die Butter hat ihre Konsistenz „von Natur aus“. Das heißt es sind nur wenige Verarbeitungsschritte nötig und es muss auch keine chemische Struktur geändert werden.

Das viel gefürchtete Cholesterin in der Butter ist ebenfalls kein Argument: Der Körper braucht Cholesterin. Wenn es nicht über die Ernährung zugeführt wird (wie bspw. bei der veganen Ernährung) dann produziert es der Körper selbst. Und wenn zu viel Cholesterin über die Nahrung aufgenommen wird, so scheidet es der gesunde Organismus einfach wieder aus. Arterienablagerungen entstehen durch jahrzehntelangen Verzehr nährstoffarmer Nahrung (vor allem: raffinierte Kohlenhydrate (Auszugsmehl, Industriezucker) und raffiniertes Fett (z.B. Margarine). In diesen Arterienablagerungen findet sich zwar Cholesterin. Trotzdem ist Cholesterin bzw. tierisches Fett nicht die Ursache des Problems. Mehr zu den Hintergründen erfährst du in diesem Buch.

Die meisten amerikanischen Ärzte zählen Öle allgemein als nicht vollwertig (was sie ja eigentlich auch nicht sind). In der deutschsprachigen Vollwertbewegung gelten kaltgepresste Öle als in Ordnung. Allgemein sind kaltgepresste Öle viel weniger verarbeitet als beispielsweise Auszugsmehl und Industriezucker und enthalten noch einige Nährstoffe. Trotzdem ist es ein sehr kaloriendichtes Lebensmittel, dass bei empfindlichen Personen Probleme verursachen kann. Meine Rezepte sind daher grundsätzlich ölfrei oder lassen sich leicht ohne Öl zubereiten.

Auf Vollwertkost umstellen – so geht’s

Das Wichtigste und einfachst ist erstmal die nicht-vollwertigen Lebensmittel wie Auszugsmehle, Industriezucker und Industriefette durch vollwertige Alternativen zu ersetzen (siehe oben). Insbesondere der Verzicht auf Industriezucker fällt vielen schwer, ist aber für die meisten unerlässlich, damit die Vollwertkost auch gut vertragen wird.

Als zweiten Schritt kannst du dich mehr und mehr mit vollwertigen Rezepten vertraut machen. Es gibt auch einen günstigen und sehr hilfreichen Leitfaden von Ilse Gutjahr mit vielen Tipps für die Umstellung auf Vollwertkost.

Je nachdem wie deine bisherige Ernährung ausgesehen hat, solltest du die Umstellung langsam gestalten. Deinen Darm kann die Menge an Faserstoffen (auch Ballaststoffe genannt) zu Beginn unter Umständen etwas überfordern. Durch das Weglassen des Industriezuckers klappt die Umgewöhnung des Darms aber deutlich schneller, als oft behauptet. Die genaue Dauer ist aber zu individuell, um hier eine allgemeine Zahl nennen zu können. Lerne, intuitiv auf deinen Körper zu hören, welche vollwertigen Lebensmittel ihm jetzt gut tun.

Fazit

Die Vollwertkost ist für mich ganz klar Teil der 80-20-Regel für eine gute Gesundheit. Sie ist, nach anfänglichen Hürden, einfach umzusetzen und spricht die Wesentlichen Aspekte einer gesunden und ausgewogenen Ernährung an.

Viel Erfolg und Freude bei der Umsetzung! 🙂

Quellen

(vgl. Bruker, Dr. med. M.O. (2017) Die Deckung des Eiweißbedarfs. Lahnstein: emu-Verlag, S. 3ff)

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